Der Kran am Hafen hat es Ilona Metscher und Annette Scholz angetan: Immer wieder ist das Baudenkmal auf den Werken des Künstler-Duos zu sehen. Ob im Malbuch für Erwachsene, auf Postkarten oder im neuen Jahreskalender, der sogar komplett dem Kran gewidmet ist. Da wird das Industrieobjekt auch schon einmal von einem riesigen Gorilla geentert...
Offenbach - Im Nordend haben Scholz und Metscher ihr Atelier, unter der Marke „Schabenack“ vertreiben sie ihre Werke. Offenbach mit seinen unterschiedlichen Ansichten, mal mehr, mal weniger hübsch, liefert ihnen die Inspiration. Begonnen hat der „Schabenack“ zur Luminale 2018: „Das Thema war ‘urbanes Leben’ und wir dachten uns, dass auch Schaben zu einer Großstadt gehören“, sagt Scholz.
Zwecks Studien besuchten beide den Frankfurter Zoo, doch die dortigen Exemplare waren zu träge, erinnert sich Metscher. „Bei einem Reptilienfutterbedarf haben wir uns australische Schaben geholt und diese beobachtet“, sagt sie. Pünktlich zur Luminale stellten sie dann ihre Schabenpostkarten „Who the fuck is Gregor“, benannt nach Gregor Samsa aus Kafkas „Verwandlung“, vor. Die fast menschengroße Pappschabe, die sie zur Ausstellung anfertigten, ziert auch heute noch das Atelier.
Seit der Luminale haben die Künstlerinnen ihr Portfolio rund um Offenbacher Themen erweitert: Ihre Postkarten haben es ins Stadtarchiv geschafft. „Die Karten sind als Zeitzeugnisse dort aufbewahrt, da sind wir mächtig stolz drauf“, sagt Scholz.
Dabei zeigen beide Mut zur Hässlichkeit und setzen auch die weniger schönen Ecken der Stadt künstlerisch um. „Eine Postkartenserie zeigte etwa Abbruchhäuser – die gefiel aber nicht allen“, sagt Scholz und lacht. Anregungen bekommen die beiden Künstlerinnen auch von den Verkaufsstellen: Da in der Etagerie, wo ihre Produkte ausliegen, nach Geschenkpapier gefragt wurde, haben beide schnell entsprechendes Verpackungsmaterial entworfen und drucken lassen.
Zu Gute kommt beiden ihre Ausbildung: Metscher hat Grafikdesign studiert und arbeitete lange im Papierdruck, Scholz ist Kunstpädagogin. „Wir wissen, was verlangt wird und was man braucht, um Ideen umzusetzen“, sagt Metscher.
Poppige oder mit Augenzwinkern präsentierte Motive wie der Hafenkran gehen gut - „zu intellektuell darf es aber nicht sein, das haben wir schon gemerkt“, sagt sie. Auch wenn ihr künstlerischer Mittelpunkt Offenbach ist, mit Frankfurt haben sie keine Berührungsängste und so ziert manch Frankfurter Motiv Bierdeckel oder Postkarten. „Frankfurt ist aber eigentlich schon zu glatt, hier in Offenbach findet man eher noch das Quartier als Anregung“, sagen sie.
Für die Zukunft haben beide noch einiges vor: „Ich habe ein Offenbach-Spiel in der Entwicklung“, sagt Metscher, „das ist in der Testphase.“ Um Offenbach dreht sich das für zwei Personen ausgelegte Spiel, bei dem kleine Schaben als Figuren dienen. „Ich muss noch kalkulieren, was es kosten darf, damit sich die Herstellung lohnt.“ Zudem ist ein Kochbuch angedacht, doch dieses Projekt befinde sich „ganz am Anfang“. Scholz denkt über die Erweiterung des Portfolios mit T-Shirts oder Taschen nach. Da Scholz noch einen Brotjob im sozialen Bereich ausübt, muss sie mit ihrer Zeit für künstlerische Ideen haushalten. „Ich habe da noch eine Idee, etwas aus alten Schirmen zu machen“, verrät sie. Sicher ist aber, dass es nicht an kreativen Produkten der Marke „Schabenack“ fehlen wird.
Infos im Internet unter unartig-in-offenbach.com
Von Frank Sommer
OP vom 6.12.2020